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Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft
RAMADA-TREFF Cup 5³   2002/2003

Qualifikationsturnier Hannover

14. bis 16. Februar 2003

Spielort:

RAMADA-TREFF Hotel Britannia

Turnierinformationen:

Teilnehmerliste:

Gruppe A · Gruppe B · Gruppe C · Gruppe D · Gruppe E

Rangliste:

Gruppe A · Gruppe B · Gruppe C · Gruppe D · Gruppe E

Ernst Bedau und Jörg Schulz berichten aus Hannover:

Teilnehmerrekord mit 296 Spielern

Knapp verfehlt wurde beim Qualifikationsturnier in Hannover die Schallgrenze von 300 Teilnehmern. 21 Spieler treten in der A-Gruppe an, 54 kämpfen in Gruppe B um die Finalplätze, 74 Amateure wetteifern in der C-Gruppe um die Punkte. Mit 75 Teilnehmern ist die Gruppe D am größten und 72 Schachbegeisterte messen ihre Kräfte in der Wertungsgruppe E. Erfreulich: Trotz des Anmeldestops konnten alle Interessenten mitspielen, indem kurzentschlossen auch der Analyseraum noch in einen Spielsaal umfunktioniert wurde.

Politik-Prominenz bei der Eröffnung

Erstaunt, aber hocherfreut zeigt Dr. Dirk Jordan seinen Spickzettel, den er für die Moderation vorbereitet: hochkarätige Persönlichkeiten hatten sich zur Eröffnung des Qualifikationsturniers in Hannover angesagt. Die Turnierteilnehmer spürten die Wertschätzung, die ihnen bei dieser Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft entgegengebracht wird. Der amtierende Vize-Präsident und designierte Präsident des niedersächsischen Landtages, Jürgen Gansäuer hält eine humorvolle Ansprache mit zahlreichen Anspielungen aus der Sprachwelt des Schachs auf die der Politik. Wie die Springer auf dem Schachbrett sprängen auch zahlreiche Politiker auf der politischen Bühne hin und her, aber während bei der Schachpartie Schweigen angesagt sei, gelte dies für Politiker natürlich nicht, obwohl es ihnen auch oft gut täte. Mit einer Entschuldigung an den anwesenden SPD-Bürgermeister Bernd Strauch dafür, dass im Augenblick nun einmal überwiegend schwarze Figuren auf dem Polit-Schachbrett seien, hatte Gansäuer endgültig die Lacher auf seiner Seite.

Jürgen Gansäuer bei seiner humorvollen Ansprache

Nach Bürgermeister Strauch begrüßte Vize-Regionspräsidentin Hoffmann-Pilgrim die Teilnehmer. Sie outete sich als Schachspielerin und hatte sich eigens für ihre Ansprache Informationen aus den DSB-Internetseiten verschafft. Als DSB-Repräsentant erntete Schatzmeister Hans-Jürgen Gieseke großen Beifall, als er die Bedeutung der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft für des DSB betonte und die Gleichrangigkeit von Breiten- und Leistungsschach betonte.

Und abschließend setzten die beiden Parteienvertreter ihren niedersächsischen Wahlkampf mit anderen Mitteln und anderen Ergebnissen fort: Die SPD - vertreten durch Herrn Strauch - besiegte überlegen die CDU - vertreten durch Herrn Gansäuer.

Irrungen und Wirrungen

Mit einem Kontoauszug wedelt der Vater bei der Anmeldung erregt hin und her. Hat er nicht am 31. Januar das Startgeld für seinen Sohn überwiesen? Er hat. Ob der Sohn in der Liste der Angemeldeten stünde? Tut er nicht. Mehrmals wird der komplizierte Name buchstabiert, schließlich aufgeschrieben. Das bringt ihn aber auch nicht in die Liste. Verzweiflung. Der Ton wird erregter. Man sei aus Koblenz angereist. Was tun? Über 300 Voranmeldungen, zahlreiche Namen auf einer Nachrückerliste und da, wirklich, steht der junge Schachfreund auf Platz 2. Jörg Schulz kommt hinzu. "Der Junge muss unbedingt mitspielen, hat bezahlt, kommt eigens aus Koblenz" flehe ich. "Ach", stöhnt Jörg Schulz, "wir haben dem Vater alles zigmal am Telefon erklärt, unzählige Male habe der Vater in Berlin angerufen, oft recht ungeduldig und erregt und gewusst, dass es keine Zusage für die Teilnahme in Hannover geben könne." Also müssen Vater und Sohn warten. Bange Minuten. Dann die frohe Botschaft: Alle können mitspielen. Erleichterung allerorten. Nach der Auslosung treffe ich Vater und Sohn im Turniersaal. Ich wünsche viel Erfolg. "Aber er steht nicht auf der Liste"

Fassungslosigkeit. Es stimmt. Rauf ins Turnierleiterzimmer, nachgeschaut, er steht doch auf der Liste. Verdammt. Im Eifer des Gefechtes wurde seine Wertungsgruppe nicht eingegeben und folglich wurde er auch nicht ausgelost. Aber Jürgen Kohlstädt behält die Ruhe: Ein paar Mal drückt er auf verschiedene Tasten, bedient den Cursor und unser junger Schachfreund ist drin, findet sich in der Auslosung auf einem Freilos wieder, also dann, zur 2. Runde. Vater und Sohn ziehen zufrieden ab: "Kann er auch wirklich mitspielen?" "ja, ja, kann er", Irrungen und Wirrungen im Dschungel der Turnierleitung, aufatmen und auf zum Nächsten: "Ich bin in C ausgelost, wollte aber doch in B spielen" …

Wir treffen uns am 7. Loch!

Die Partie ist vorbei, die Hände sind geschüttelt, die Figuren aufgebaut, da neigt sich Schwarz über das Brett und flüstert Weiß entgegen: "Ich muss noch schnell wohin, aber dann treffen wir uns am 7. Loch!" "7. Loch? Sind wir denn beim Golf?"

Natürlich nicht, wir sind ja mitten drin in der Deutschen Amateurmeisterschaft im RAMADA-TREFF Britannia in Hannover. Doch eigentlich wollten wir ja in Bad Arolsen spielen, doch als sich das zerschlug und wir eine Alternative suchten, endete die Suche eben hier in Hannover. Und dann wollten auch noch alle hier spielen, 360 hätten wir locker unterringen können, gehen wir rein nach der Nachfrage.

Panik? Nein, nur genaue Planung. Zusammen mit der tollen Hotelleitung wurde intensiv überlegt, wie wir das Hotel zu einem reinen Schachhotel umfunktionieren können. Und wenn man das macht, wird eben aus dem Golfplatz der Analyseraum. Das Hotel verfügt nicht nur über mehrere Badmintonplätze, sondern auch über eine moderne Indoor-Golfhalle mit mehreren Grüns, Abschlagflächen und einem welligen Untergrund, der die Grüns aller Golfplätze imitiert. Die Jugendlichen sind begeistert von dieser ungewöhnlichen Schachumgebung.

Der Turniersaal

Genauso wohl fühlen sich die Teilnehmer im Restaurant, dass zum Spielort für zwei Gruppen umgestaltet wurde und einen direkten Übergang zum großen Turniersaal hat.

Aus dem Wintergarten wurde auf die Schnelle das Restaurant, der Flur zum Büffet. Es ist schon toll, mit welchem Engagement das Hotel auf die plötzliche Herausforderung reagierte und sich das ganze Hotel auf uns einstellte. Herzlichen Dank!

Da macht es dann auch nicht so viel aus, dass es streckenweise etwas beengt ist, dass wir gerne mehr Platz hätten. Aber auch die Teilnehmer erkennen an, dass sich alle bemühen, trotzdem ein gutes Turnier auf die Beine zu stellen und vor allem, dass alle mitspielen dürfen, die angereist sind und voller Hoffnung waren.

OK mal sehen, was die nächsten Runden alles an Überraschungen und Erlebnissen bringen werden?

Hannoversche Psychologie - Spaziergänger

Während der laufenden Partie spazieren zu gehen, gehört zu den bekanntesten Entspannungsübungen der Schachspieler. Einige haben wir in Hannover beobachtet.

Der Lässige: Er schlendert gelassen durch die Reihen. Die Arme baumeln seitlich herunter und wiegen sich im Rhythmus der gelangweilten Schritte. Sein Motto: "Und, ist was?"

Der Nervöse: Seine Hände verkrampfen sich im Gesicht. Zwei Finger im Mund halten tapfer den Schmerz der zubeißenden Zähne aus. Sein Motto: "Hoffentlich sieht er es nicht, hoffentlich sieht er es nicht …"

Der Coole: Er verschränkt die Arme vor der Brust, im Fortgeschrittenenstadium hinter dem Rücken. Sein Motto: "Schon hab ich ihn, ha, ha …"

Der Grübler: Mit gesenktem Blick tigert er durch die Tischreihen, den Kuli zwischen den Fingern drehend oder die Brille in der Hand schlenkernd. Sein Motto: "Hätt' ich nicht doch den Springerzug machen sollen?"

Der Selbstbewußte: Seine Hände gehören in die Gesäßtaschen, voll an den Puls knackiger Körperpartien. Sein Motto: "Na, Freundchen, da staunst du!"

Der Täuscher: Seine Hände sind tief in den vorderen Taschen vergraben, als suche er in Geschlechtsnähe nach den Schlüsselzügen. Sein Motto: "Du Armleuchter, ich spiele voll aus dem Bauch!"

Der Streichler: Er streichelt sein Kinn, die Wange, den Schnautzer, stets gedankenverloren. Sein Motto: "Hm, soll ich, oder soll ich nicht …"

In der 3. Runde

Der Zupfer: Er zieht ständig die Hose hoch (bei Schachspielerinnen auch beliebt das Herunterziehen des Pullis). Sein/ihr Motto: "Auf, auf, jetzt geht´s erst richtig los!"

Der Agressive: Er stützt seine Hände forsch in die Hüften, beim Durchschreiten säbelt er sich den Weg frei. Sein Motto: "Gib doch endlich auf, du Wurm"

Der Stützer: Sein intensiv schweres Denken drückt ihm Kopf und Glieder nieder. Sein Kopf bedarf der stützenden Hand, oft schiebt sich die rechte Hand unter den Ellenbogen des linken Armes um diesem zu helfen, den Kopf voller Varianten vor dem Herunterknicken zu bewahren. Sein Motto: "Bitte nicht stören, meine Berechnungen versteht ihr eh nicht."

Der Forsche: Eine Hand auf dem Rücken (gern auch in der Gesäßtasche), die andere vorne, ganz locker. Sein Motto: "Die Partie ist gelaufen, egal was er zieht."

Carina und Sabrina

Blitzgescheit sind die beiden Mädchen. Ihre Partie in der E-Gruppe endet mit einem hübschen Matt. Kuschelmuschel, Talisman-Elefant der 9-jährigen Carina Dorn aus Braunschweig thront gutmütig neben dem Brett. Vieles will ich neugierig von Carina und Sabrina Alker (10 Jahre) aus Salzgitter wissen. Ich lade sie zu einer Limo ins Bistro des RAMADA-TREFF Hotels Britannia ein. Beide Mädchen haben Schach in der Familie gelernt, von den Vätern und den jeweils älteren Brüdern, die übrigens auch in Hannover mitspielen.

In ihren Vereinen werden sie trainiert, Carina hat gar zusätzlich einen Privattrainer, der einmal in der Woche mit ihr Partien bespricht. Was ihnen am Schach denn gefalle? Auch hier sind sich beide Schachprinzessinnen einig: Jugendliche kennenlernen, Spaß am Spiel und an vielen tollen Turnieren teilnehmen.

Und was sie nerve? Die Älteren - ich senke betroffen meinen Blick - würden immer bei den Mädchen reinreden und spielten sich als Besserwisser auf.

Ob es wichtig sei, dass im eigenen Schachverein noch andere Mädchen spielten? Hier gehen die Meinungen auseinander. In Sabrinas Verein Salzgitter gibt es noch zwei Mädchen, die Schach spielen. Gingen die weg, würde es Sabrina nicht mehr so gut im Verein gefallen.

Anders Carina: In Braunschweig spielen etwa sechs Mädchen. Und wenn die nicht mehr kämen, ob sie dann weiter im Verein bliebe, so als einziges Mädchen unter lauter Jungen?

"Ich könnte es aushalten" erwidert sie ganz ernsthaft mit verschmitztem Lächeln.

Die Väter kommen und holen ihre Töchter ab, die sich übrigens von verschiedenen Turnieren und Meisterschaften her gut kennen, Essen und danach Ausruhen ist angesagt, denn der folgende Tag bringt eine anstrengende Doppelrunde. Und obwohl beide sagen, Verlieren sei nicht so schlimm, weil sie ja schon oft verloren hätten, so sind sie doch ehrgeizig und schauen beim Weggehen noch rasch auf den Aushang, ihren Gegner der kommenden Runde und die Farbverteilung.

Mihail Davydov - Lyriker und Satiriker

Mihail Davydov

Ein eher zufälliges Gespräch bei der Anmeldung brachte es an den Tag: Ein Teilnehmer in Hannover ist ein bekannter russischer Lyriker und Satiriker, der aus Moskau stammende Mihail Davydov, Teilnehmer in Gruppe B.

Von Hause aus Berufsschullehrer für Elektronik, widmete er sich schon früh der Dichtkunst. Mittlerweile hat er vier Gedichtbände herausgegeben, ein fünfter wird in diesem Jahr erscheinen. "Worte für Lieder" und "Zeitloses Thema Liebe" sind die bekanntesten. Davydov ist außerordentlich vielseitig. Seine Stilmittel sind Ironie, auch (politische) Satire, Lieder und vor allem Wortspiele mit Synonymen.

Im Dezember 1992 kam er als jüdischer Emigrant nach Deutschland und lebt in Neustadt (Niedersachsen). Deutsch hat er erst in seiner neuen Heimat gelernt. Schach ist ihm neben Lyrik Lebensinhalt. 8 mal nahm er an der Senioren-Weltmeisterschaft teil, mehrfach vertrat er Niedersachsen bei der Senioren-Mannschaftsmeisterschaft der Landesverbände. Dankbar erwähnt er den DSB-Seniorenreferenten Klaus Gohde. In der russischen Zeitung "Katarakt" betreut er schon seit über 80 Ausgaben eine Schachecke. An der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft schätzt er neben dem liebevollen Ambiente vor allem die Spielmöglichkeit mit gleich starken Gegnern.

Nach dem Gespräch, an dem auch sein Freund, der Schachmeister und Trainer Emmanouil Reznikov, teilnimmt, gehen beide zurück an die Bretter, an denen Runde 3 beginnt. Ob der Dichter und Schachspieler Davydov auch den ein oder anderen schachlichen Gedanken in Reim- und Versform kleidet? Wer weiß …

Auf die Fußarbeit kommt es an!

Im Fußball haben wir gelernt, dass wer nicht frei im Kopf ist, das Tor nicht trifft, oder der Regisseur der siegreichen Mannschaft nur deshalb so gut spielt, weil er mit Köpfchen spielt. Die Vermutung, beim Fußball käme es auf die Füße und deren Schusskraft an und auf nichts anderes, ist lange widerlegt.

Und wie ist es im Umkehrschluss mit der Kopfsportart Schach? Welche Rolle spielen da die Füße?

Eine wie sich hier in Hannover leicht feststellen lässt große! Oberhalb des Tisches hat sich der Schachspieler ruhig zu verhalten, sonst kommt man in den Ruf, den Gegner stören zu wollen. Doch bei aller Gedankenkraft, der Körper benötigt einen Ausgleich, die Power muss raus. Sie entlädt sich in den Füßen.

Welch eine Bewegung, welch ein Tempo unterm Tisch!

Kaum ein Fuß steht ruhig auf dem Boden, sie wippen, tanzen auf der Stelle, scharren aufgeregt hin und her, verknoten sich, schnellen vor und zurück.

Sie verkrampfen und schlingen sich je nach Stellung und Gemütslage des Kopfes auch um die Stuhlbeine herum, werden regelrecht verknotet.

Andere rufen nach Freiheit und Entlastung. Dr. Zoch in der B-Gruppe zum Beispiel entledigt sich während der Partie mindestens eines Schuhes, um den Füßen etwas mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Ein Hinweis sei an dieser Stell erlaubt, heile Strümpfe sind in solchen Situationen angebracht.

Die kleineren Meister muten ihren Füßen ganz andere Aufgaben zu, dort bekommen die Füße eine besondere Bedeutung: Sie dienen als Sitzmöbel und ermöglichen es dem übrigen Körperteilen überhaupt erst zum Beispiel die gegnerische Grundreihe zu erreichen. Auch hierbei werden Varianten vorgeführt. Beliebt der Schneidersitz, der verdeutlicht, dass Schach eben auch Arbeit ist, das Knien auf dem Stuhl, was noch mehr Überblick verschafft, und wiederum das Verknoten der Füße unter Gesäß, was die asiatischen Einflüsse des Schachspieles erkennen lässt.

Beim Schach kommt es halt auch auf die Fußarbeit an und deshalb sollte sich dieser Thematik auch einmal die Trainingslehre annehmen. Was steht eigentlich im Bönsch dazu?

Euroschach-Stand

Schlag nach bei Euro Schach

"Verdammt, irgendwas habe ich falsch gemacht bei meinem Schotten!" "Ja gut bist du nicht aus der Eröffnung rausgekommen, ich weiß aber auch nicht genau, wie man das spielt."

Liebe Leute schlagt doch einfach nach bei Euro Schach, die haben doch einen Schachstand im Foyer extra für die Spieler der Vorgruppe in Hannover aufgebaut.

Und anscheinend geht es vielen Spielern so wie unseren beiden ratlosen 'Schotten'. Denn dicht umlagert ist der Stand des Verlages, Herstellers von Schachspielen, Uhren und des Schachhändlers aus Dresden, der mit der Zeitung "JugendSchach" auch nachhaltig das Jugend- und Schulschach in Deutschland seit vielen Jahren unterstützt. Andreas Schneider steht mit Rat und Tat den ganzen Tag über für Fragen zur Verfügung und wird auch nach der Siegerehrung den Fünften jeder Gruppe gerne behilflich sein, wenn sie direkt noch vor Ort ihren gewonnenen Gutschein von Euro Schach gleich einlösen wollen.

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