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1. Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft
RAMADA-TREFF Cup 5³

Qualifikationsturnier Hannover

Turnierbericht:

N. Heymann

Teilnehmerrekord in Hannover

Mann oh Mann - wo soll das enden?

Eröffnung

Donnerstag, 14.02.: Rauchende Köpfe im Bankettbereich des RAMADA-TREFF Hotels Europa in Hannover. Wie bekommt man so viele Spieler wie möglich in einen Turniersaal, wobei man erreichen möchte, dass sich die Spieler noch bewegen können, das Platz da ist?

Aber vor allem wie viele kommen überhaupt? Bei 335 Voranmeldungen liegt man. Der Anmeldestop wurde schon vor mehreren Tagen verkündet. Anmeldestop bei der 1. Deutschen Amateurmeisterschaft des Deutschen Schachbund. Ja sind die denn doll? Nein aber der Run auf diese Jubiläumsveranstaltung des DSB für seine Mitglieder ist einfach so groß!

Für 336 Teilnehmer ist am Ende gestellt. Weitere Spieler müssen wohl leider abgelehnt werden. Oder finden sich noch Möglichkeiten? Erst mal die Meldung am Freitagmorgen abwarten.

"Ich will noch mitspielen, geht das?" "Bitte dort in eine Liste eintragen und warten." "Bei uns ist noch einer nachgekommen, der muss unbedingt noch mitspielen." "Wir werden sehen, was wir machen können." "Einer unserer Leute ist krank geworden, wir müssen ihn abmelden." Schade für den Spieler, aber ein Glück für die Leute auf der Warteliste.

Um 10:00 Uhr steht dann fest, alle können mitspielen und mit 322 Teilnehmern ist ein neuer Rekord eingefahren worden.

Damit kann das Turnier endlich beginnen. Und ich werde sie wieder mit Geschichten aus der Schach-Amateurmeisterschaft versorgen. Mal sehen, was alles so passiert. Begleiten Sie uns durch das Qualifikationsturnier Hannover zur Schach Amateurmeisterschaft 2002.

Der Angriff des D-Kaders

1. Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft. Fein da spiele ich mit, da stößt man nicht auf die großen Brocken.

Und was ist das, fährt da nicht gerade ein Großmeister vorm Hotel vor? Will der mitspielen? Tatsächlich am Steuer eines Kleinbusses sitzt GM Philipp Schlosser. Doch er wird bloß Zaungast und Trainer sein. Trainer für den gemeinsamen D-Kader von Baden und Württemberg. Denn aus dem Kleinbus purzeln lauter kleine Meister raus im Alter bis 12 Jahre und entern das Hotel.

Nächste Woche Montag beginnt ein Kaderlehrgang des Deutschen Schachbundes. Dort werden alle Kleinmeister teilnehmen. Da sie schon mal auf Reisen sind, haben sie sich zum Warmspielen für den Lehrgang, die Trainer schreien ja immer nach Partienmaterial, für das Qualifikationsturnier im RAMADA-TREFF Hotel Europa in Hannover angemeldet.

Nun müssen sich die nichts ahnenden Teilnehmer der C- bis E-Gruppe mit diesen heißhungrigen Jugendlichen auseinander setzen.

Mal sehen, wer sich durchsetzt. Die Erfahrung vieler Schachjahre oder die jugendliche Unbekümmertheit, wobei manche von den kleinen Meistern ja schon im letzten Jahr für Deutschland bei der Europa- und Weltmeisterschaft gespielt haben. Saskia Zikeli in Griechenland bei der EM und Benjamin Fischer und Frederic Beck bei der WM in Spanien.

Muss die Nationalmannschaft verjüngt werden?

Eigentlich hat der neutrale Betrachter den Eindruck gewonnen, dass die deutsche Nationalmannschaft bei den letzten internationalen Ereignissen überaus erfolgreich spielt. Ist dieser Eindruck falsch? Und vor allem was hat das mit der 1. Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft zu tun? Liegt es an dem schon erwähnten GM Philipp Schlosser, dass man sich darüber Gedanken macht? Immerhin einer der bekanntesten Trainer in Deutschland! Natürlich hat Philipp nichts damit zu tun.

Bundestrainer GM Uwe Bönsch

Aber er ist ja auch nicht der einzige Großmeister, der im RAMADA-TREFF Hotel Europa Hannover die Amateure besucht. Vielmehr wurde der Bundestrainer GM Uwe Bönsch beobachtet, wie er jungen Talenten über die Schulter schaut, analysiert und sich einen Überblick über die anwesenden Talente verschafft.

Und das zu recht, immerhin haben wir ja schon erfahren, dass der Badische und Württembergische D-Kader mit seinen jungen Talenten hier mitwirkt. Nehmen wir zum Beispiel Frederic Beck, der im D/C-Kader des Deutschen Schachbundes ist und damit die erste Klippe zum Nationalmannschaftsspieler überwunden hat. Nur noch der C-, B-und A-Kader liegen vor ihm, und dann geht´s ab zur Schacholympiade! Na na hier schießt der Geschichtenerzählen aber übers Ziel hinaus.

Na gut zugegeben, Uwe Bönsch besucht die Deutsche Amateurmeisterschaft wie auch seine GM-Kollege Wolfgang Unzicker und das gesamte übrige DSB-Präsidium, da eine turnusmäßige Sitzung des Präsidiums nach Hannover gelegt wurde. Bei diesem großartigen Erfolg will man dabei sein. Und wenn man schon nicht mitspielen kann, weil man tagen muss, dann will man zumindest zuschauen und die Atmosphäre schnuppern. Begrüßen wir also das Präsidium des DSB bei der großen Jubiläumsveranstaltung des DSB zum 125-jährigen Jubiläum des DSB. Das Präsidium sozusagen zum Anfassen.


Der Kampf der Schachjugenden

Schon wieder Jugendschach, es geht doch um die 1. Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft! Ja schon und trotzdem kann man hier in Hannover im RAMADA-TREFF Europa von einem Duell der Schachjugenden sprechen. Beteiligt sind Niedersachsen mit Heimvorteil, Berlin und Baden, sowie auch NRW. Das heißt wohl, aus all diesen Ländern spielen Jugendliche mit - oder? Jein, im Prinzip auch das, hier aber geht es um das Duell der Vorsitzenden.

Alle vier spielen in der B-Gruppe mit. Klarer Favorit ist natürlich Volker Widmann mit immerhin 2044 Wertungspunkten, gefolgt von Michael S. Langer mit 2025. Carsten Schmidt weist 2 Punkte weniger als Detlef Kürten mit seinen 1990 auf und ist abgeschlagen das Schlusslicht. Aber jeder weiß, was sind schon Wertungszahlen? Schall und Rauch wenn man am Brett sitzt. Gerade bei einem Turnier wo die Spannen nicht groß sind und eigentlich alle über eine vergleichbare Spielstärke verfügen.

So führt derzeit auch nach 3 Runden Carsten zusammen mit Volker. Beide haben 2 Punkte bei jeweils einer Niederlage auf ihrem Konto. Michael liegt bei 1,5 in Wartestellung und Detlef musste sich bisher mit zwei Remis zufrieden geben. Aber er spielt ja auch nur indirekt im Duell der Vorsitzenden mit, denn seine Zeit als Vorsitzender der Schachjugend NRW liegt schon einige Jahre zurück. Bis 1998 verwaltete er immerhin noch die Kasse der Deutschen Schachjugend, jetzt nur noch hauptberuflich die Spargroschen der Wernegeroder Bürger. Auch Volker spielt etwas außer Konkurrenz, denn vor wenigen Tagen gab er den Vorsitz der Badischen Schachjugend auf, um sich jetzt dem Leistungssport in Baden und Württemberg zu widmen.

Also findet das eigentlich echte Duell zwischen Carsten Schmidt und Michael S. Langer statt. Beide haben natürlich neben ihren Schachkämpfen noch weitere Aufgaben. Carsten muss ständig die Partien seiner mitspielenden Berliner Jugendlichen analysieren und auch Michael ist mit jedem zweiten Blick bei seinen niedersächsischen Talenten und seinen Mitspielern aus seinem Verein in Braunschweig. Daneben sind natürlich die politischen Gespräche zu führen. Ein Schachfunktionär hat ja immer was zu besprechen, zu entscheiden! Das Los aller Schachfunktionäre, die nie unerkannt die Figuren ziehen können. So ging es auch Hanno Dürr, Präsident des Schachverbandes Württemberg. Obgleich er in Hamburg weit weg von der Heimat beim 3. Qualifikationsturnier antrat, wurde er ständig erkannt und in Gespräche verwickelt.

Und beim Duell der Vorsitzenden der Schachjugenden schauen natürlich kritisch nun auch noch die eigenen Jugendlichen zu, die natürlich ihren Mann vorne sehen wollen. Wehe wenn nicht … dann ist die Autorität futsch. Obwohl Michael musste seine bisher einzige Niederlage gegen seinen eigenen Schützling hinnehmen. Soviel zur Autorität! Wer den Ausgang dieses interessanten Amateurduells verfolgen will, sei auf die detaillierten Tabellen verwiesen.

Vater oder Tochter - wer fährt nach Leipzig?

In vielen Familien ist der Bazillus Schach so tief eingedrungen, dass nicht nur die Kinder sondern auch die Eltern mit Begeisterung Schach spielen. Oft aber können sie dies nicht gemeinsam tun. Entweder begleiten die Eltern ihre Kinder zu den vielen Jugendturnieren und bekommen dort die Aufgabe des aufgeregten Betreuers zugeteilt, oder aber die Eltern spielen selbst kaum noch Schach beziehungsweise zu Zeiten, bei denen die Kinder nicht dabei sein können.

Die Württemberger Delegation

So zum Beispiel bei Papa Michael Schulz von Zitadelle Spandau (Berlin). Mit DWZ 2227 ein starker Spieler, der seine Urlaube zumeist vom Arbeitgeber genehmigt bekommt, wenn seine Tochter Steffi, eine der talentierten Berliner Nachwuchsspielerinnen, keine Schulferien hat. Doch diesmal ist alles anders. Beide sind dabei bei der 1. Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft im RAMADA-TREFF Hotel Europa in Hannover. Michael in der A-Gruppe, Steffi in der E-Gruppe.

Wer wird in diesem familieninternen Duell gewinnen und nach Leipzig fahren? Wer schneidet besser ab und kann zuhause bei Muttern auftrumpfen? Bis zur dritten Runde lagen beide gleichauf. Jeweils sichere Siege führten sie jeweils an die Tabellenspitze. Papa Michael verlor jedoch dann die dritte Runde gegen den Turnierfavoriten und musste sich von der mitfühlenden Tochter sagen lassen, dass er gut gekämpft habe aber chancenlos gewesen sei. Damit liegt die Favoritenrolle bei Steffi. Sie liegt mit ihren drei Punkten in der E-Gruppe klar in der Spitzengruppe. Das Gute daran, wenn sie nach Leipzig fahren darf, darf der Papa mit - als Begleitperson!

Bei Familie Zikeli aus Württemberg sieht es ähnlich aus. Saskia war mit dem baden-württembergischen D-Kader gemeldet worden, als wenige Tage vor dem Turnier der Papa anrief und um Familienzusammenführung bat. Eigentlich war schon Meldestop. Aber der Anrufer erwärmte das Herz der DSB-Mitarbeiter. So durften Julia, die Schwester von Saskia und Papa Zikeli doch noch mit zum RAMADA-TREFF Hotel Europa nach Hannover. Die Frage, wer hier nach Leipzig fahren darf, wurde schnell entschieden, denn Papa Zikeli musste am Samstag das Bett hüten - die Töchter meldeten ihn krank bei der Turnierleitung ab. Auch hier scheint sich also die Waagschale eher zu den Töchtern zu neigen. Aber müssten die nicht auch begleitet werden? Papa das ist deine Chance!

Schachbücher und Amateure - passt das zusammen?

Hannover RAMADA-TREE Hotel Europa. Vor dem Viersternehaus flattern die Fahnen des Deutschen Schachbundes im Wind. Im Hoteleingang wird man begrüßt durch eine Plakatausstellung. Im Foyer in den Ledersitzgruppen werden Partien analysiert. Schach überall im Hotel. Doch was ist das? Rings um die beiden großen Sitzgruppen im Zentrum des Foyers schlängeln sich die Tische eines Schachhändlers. Was will denn der bei einer Amateurmeisterschaft?

Das Angebot ist umfangreich. Ein Theoriebuch neben dem anderen. Daneben auch wichtige Hinweise zur Strategie und Taktik. Und auch die Endspiele fehlen nicht. Wer soll das kaufen? Von vielen Spielern wird der Schachtisch umstrichen. Lohnt sich der Kauf? Schaue ich da wirklich rein? Die anderen Bücher zuhause liegen doch auch unberührt in der Ecke. "Haben sie auch Bücher über ausgefallene Eröffnungen? Ich bin nämlich kein Theoriefuchs!" Andere fachsimpeln mit dem Händler: "Welche Auflage hat das Buch?" "Sind da schon die neuesten Varianten drin?" Um den Stand schleichen aber auch die Schachfreunde, die nach Schachlesebüchern suchen.

Doch was ist das, da liegen ja auch ganz andere Schachangebote? T-Shirts, Krawatten, Postgarten, Kalender. Das ist auch etwas für den lesefaulen Schachfreund. Da kann man sich ja mit Artikeln eindecken und Mitbringsel besorgen, auch wenn man nur aus dem Bauch heraus spielt. Das ist Spitze. Geht nun also zusammen was nicht zusammen gehört? Natürlich, denn was ist ein Schachamateur anderes als ein ehrgeiziger Schachspieler, der dieses tolle Spiel nebenbei als Hobby betreibt, natürlich mit viel Ehrgeiz und Engagement?

Und der will sich natürlich auch informieren, trainiert in seinem zeitlich begrenzten Rahmen. Daneben will er sich outen als Schachspieler, benötigt also Schachartikel zum Vorzeigen. Ein bunter Markt, genauso bunt wie das vielfältige Teilnehmerfeld dieser Amateurmeisterschaft. Für alle steht Schach im absoluten Mittelpunkt - nur zum Glück halt locker ohne diese extreme Verbissenheit.


Und Schach ist doch ein Glücksspiel!

Spätestens seit Dr. Hübner in Meran im Kampf um die Weltmeisterschaftskrone gegen GM Smyslow durch eine Roulettkugel gestoppt wurde, wissen wir, dass Schach ein Glücksspiel ist. Gut nicht alle wollen dies einsehen, obgleich man eigentlich nur mit Pech verliert, nie weil der andere besser ist. Jetzt bei der 1. Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft in Hannover bewies der Deutsche Schachbund, dass Schach doch ein Glücksspiel ist.

Siegerehrung B-Gruppe. Der Turnierleiter Jürgen Kohlstädt verliest die Platzierten. Bis Platz drei keine ungewöhnlichen Vorkommnisse. Doch jetzt, der Turnierleiter stellt fest, zwischen Florian Kull (HSK-Post Hannover) und Frederik Polenz (SK Ricklingen) lässt sich mit keiner der bekannten Hilfswertungen ermitteln, wer nun Sieger der B-Gruppe ist. Alles ist gleich, ja eigentlich auch Alter, Körpergröße und Gewicht.

Was nun? Der Euro muss her! Per Münzwurf muss entschieden werden. Zum Glück ist der Breitensportreferent Ernst Bedau vom juristischen Fach, so dass über den Wurf der Münze gewacht werden kann. Sofort bildet sich eine Traube um Jürgen Kohlstädt, allen voran die kleinen Amateure.

Zahl für Florian, Adler für Frederik. Die Münze wirbelt durch die Luft und … sie ist weg. Kurze Irritation, suchen, dann findet sie sich in der Hosenfalte eines Knabens, der sehr genau das Geschehen miterleben wollte. Ein kurzer Blick zur juristischen Instanz, erneuter Münzwurf. Zahl, Florian Sieger B-Gruppe!

Schach ein Glücksspiel? Entscheiden sie selbst!

Vilnius - Hannover - Leipzig

Gestatten sie, ich habe da mal eine Frage, also hier mit dem Hotelgutschein, da habe ich meine Probleme, ich meine mit der Einlösung, denn ich komme direkt aus Litauen.

Aus Litauen? Zur Amateurmeisterschaft?

Ja, ich bin direkt aus Vilnius, der Hauptstadt von Litauen, zur 1. Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft angereist. Bin geflogen und morgen am Montag geht es wieder zurück. Ich wollte unbedingt dabei sein bei diesem Schachereignis! Wann kann man sich als "normaler" Spieler schon mal zu einer Deutschen Meisterschaft qualifizieren? Da ich aber derzeit in Vilnius lebe und arbeite, blieb mir nichts anderes übrig, als mich in den Flieger zu setzen.

In dieser Situation ist natürlich klar, dass Rüdiger Richter, vom SK Bad Schwalbach, so heißt unser Schachfreund mit der weitesten Anreise, Probleme hat, den gewonnenen Hotelgutschein mal eben für einen Wochenendurlaub einzusetzen. Klar dafür aber auch, dass dieser nun für das Finale in Leipzig umgeschrieben wird, wenn es in Vilnius wieder heißt, Koffer packen, hin zum Flughafen, Deutsche Amateurmeisterschaft spielen!

Jörg Schulz

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