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1. Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft
RAMADA-TREFF Cup 5³

Qualifikationsturnier Dresden

Turnierbericht:

N. Heymann

Dresden - die Schachstadt

Dresdner Impressionen

Frau - Mann

Groß aufgerichtet sitzt sie da. Ein schönes, stolzes, unnahbares Gesicht. Ihr gegenüber im B-Turnier - männlich, muskulöse Arme, die aus schwarzem T-Shirt Nervosität durch ständiges Verändern der Haltung verraten. Fast bewegungslos thront ihre Gestalt über dem Brett, nur die lebendigen Augen wandern ständig hin und her, auch die Umgebung streifend. Fast majestätisch drückt sie die Uhr, bewegt die Figuren prätentiös. Wenn sie vom Brett aufsteht, folgen ihr verstohlen männliche Augenpaare.

Die Partie ist zu Ende. Wort- und blicklos werden die Figuren aufgestellt. Seine Referenz: er stellt einige ihrer Figuren in ihre Bretthälfte. Energisch steht er auf. Zwei Kulis werden sorgfältig an der Gesäßtasche seiner Jeans festgeklammert, dann tigert er von dannen. Sie bleibt noch kurz sitzen, schaut versonnen in die Weite des Saals. Dann ergreift sie die Tischschilder, schreitet wie auf einem Laufsteg zum Turnierleitertisch. Ihr sanftes Lächeln verfolgt mit einem Anflug von Triumph, wie ihr Siegespunkt notiert wird.

Schach hat mir das Leben gerettet

Ihre Fröhlichkeit ist raumgreifend. Wir kennen ihr Lachen schon. Es ist ansteckend. Einige kennen ihr Buch. Das Schicksal einer lebensbedrohenden Krankheit. Ein Kampf auf Leben und Tod. Sie hat ihn gewonnen. Nachuntersuchung in Hannover positiv. Sie meldet sich für den RAMADA-TREFF Cup an. Und nimmt teil. Meistert die Strapazen mit nie versiegender Heiterkeit. In Dresden hören wir wieder ihr Lachen, aus dem Pulk der Anmeldenden heraus.

"Schach hat mir das Leben gerettet", wird sie uns später sagen. Und hinter ihren glänzenden Augen ahnen wir den überwundenen Schmerz. Als sie sich später abmeldet - 10 Stunden Schach sind doch zu strapaziös - trösten wir sie. "Gute Besserung", ruft einer ihr hinterher.

Sie bleibt bei uns, ihr Lebensgefährte spielt ja weiter mit. Wenige Stunden später hilft sie uns beim Aufstellen der Namenstischschilder. Jedes Mal, wenn eine Nummer der Schildchen aufgerufen wird, die ihre tapferen, kleinen Hände umklammern, jauchzt sie auf: "Wieder einer von mir" So tänzelt sie, heiter wie ein lustiger Vogel, der den Winter gut überstanden hat und dem Frühling entgegen zwitschert. "Schach hat mir das Leben gerettet." Fliege glücklich, du munterer Vogel.

Schelmischer Blondschopf

Elena Winkelmann

Von einem Plakat des Dresdner Schachfestivals schauen mich zwei blaue Augen an. Wachsam. Sie gehören zu einem konzentriert-ernsten Mädchengesicht, das ausschaut, als denke es noch an eine soeben abgelegte Beichte zurück. Dieses Mädchen soll in Dresden beim RAMADA-TREFF Cup mitspielen. Ich kann sie nicht entdecken. Statt dessen fällt mir ein blonder Lockenkopf auf, der dicht über einem Schachbrett zu liegen scheint, Augenhöhe gleich Figurenhöhe. Ein älterer Herr gegenüber grübelt sorgenvoll. Das Bild wirkt in mir nach. Tags drauf sehe ich Dr. Dirk Jordan im Gespräch, mein blonder Lockenkopf steht auch dabei. Lacht schelmisch, lässt sich frotzeln, bleibt keine Antwort schuldig. "Ob sie brav sei?" Alle lachen, sie spielt die Empörte. "Das ist die auf dem Plakat dort." "Was?", schaue ich verdutzt Dr. Jordan an. Elena Winkelmann, 10 Jahre, Deutsche Meisterin U 10 2001, beste Deutsche der Jugend-WM 2001 in Spanien mit Platz 5 bei über 70 Teilnehmerinnen ihrer Altersklasse. Sie besucht neben Elisabeth Pähtz das Sportgymnasium in Dresden. Wie natürlich sie ist, voller Lebendigkeit, welch Witz und Charme in diesem 10-jährigen Gesicht. Nach drei Runden in Dresden hat sie 2 Punkte. Beide Daumen drücke ich ihr, besonders aber, dass sie sich ihre Natürlichkeit und fröhliche Frische bewahrt.

Nigerianischer Nationalmeister beim RAMADA-TREFF

"Das gibt´s doch nicht", wunderte sich Turnierleiter Jürgen Kohlstädt; ein IM ohne Wertungszahl. Nachforschungen ergaben: IM Thomas Oparaugo errang 1987 die Nationalmeisterschaft seines Heimatlandes Nigeria. Mit seiner deutschen Mutter und seinem afrikanischen Vater wuchs er in beiden Ländern auf und arbeitet jetzt in der Fertigung von Audi und spielt bei Oberursel. "Von dem RAMADA-TREFF Cup hatte ich zunächst nichts erfahren. Ich spiele mit, um nach langer Spielpause wieder rein zu kommen." Seine letzte Partie im Vorturnier Dresden gewann der sympathische, bescheidene Mann mit nigerianischem Pass. Mit 3,5 aus 5 ist er für den Anfang zufrieden. "Ich freue mich schon auf die nächste Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft. Ein ganz tolles Turnier. Da will ich etwas für die Verbesserung meiner Spielstärke und meiner Wertungszahl (derzeit 1939) tun."

Ernst Bedau

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